Viele Grüße aus TLV

Poststempel 30.3.73

Tiberias, 29.3.’73
LIEBE GEKA,
HERZLICHEN GLÜCKWUNSCH ZUM GEBURTSTAG (WAHRSCHEINLICH ZU SPÄT) WIR HABEN EINEN HERRLICHEN AUFNETHALT AM GALLILÄISCHEN MEER. GESTERN HABEN WIR SOGAR GEBADET, OBWOHL HIER GERADE WINTER ENDE IST. HEUTE WAREN WIR AN ALLEN „JESUS“ – STELLEN (Kanaan, Kapernaum, Nazareth usw.) MORGEN FAHREN WIR WEITER NACH ARAD AM TOTEN MEER. (BADEAUFENTHALT BEI ca. 400m unter Meeresspiegel). AUCH IN TEL AVIV UND NAHARIA WAR ES TOLL. WENN MIR GENUG GELD BLEIBT (WAHRSCHEINLICH DIE HÄLFTE) BRINGE ICH DIR ETWAS MIT. GRÜSSE AN ALLE DEIN Andreas
SIEHE MAL AUF DER KARTE NACH!

Da war sie also. Eine Postkarte, wie er es versprochen hatte und er hatte an ihren Geburtstag gedacht. „Liebe Geka“, so nannte er sie, seitdem er sie auf ein Eis eingeladen hatte. Das war das erste mal gewesen, dass sie alleine waren.

Sie überflog die akkurate Schrift; so war er, oder hatten seine Eltern ihn so gemacht? Wie konnte man mit 24 noch mit seinen Eltern in den Urlaub fahren? Wie konnte man mit 24 noch zu Hause wohnen? Er verdiente sein eigenes Geld, mit was genau hatte sie zwar nicht verstanden, aber es hörte sich nach etwas Wichtigem an, immerhin hatte er dafür studiert. Und während des Studiums hatte er doch auch schon woanders gewohnt. Er war halt etwas komisch – das sagten zumindest alle anderen – aber sie ja auch, deshalb passten sie eigentlich ganz gut zusammen.

“Badeaufenthalt bei ca. 400m unter Meeresspiegel.“ Sie musste schmunzeln. Was er ihr wohl mitbringen würde? Irgendetwas praktisches; ein Kugelschreiber mit Jesus drauf? Gab es sowas überhaupt? Sie war noch nie so weit verreist. Sie hatte noch nie in einem Flugzeug gesessen. Aber vielleicht würde sie das ja irgendwann mal, mit ihm und ohne seine Eltern!

„Dein Andreas“ ihr Herz hüpfte und sie war so gespannt auf die zweite Aprilwoche, in der sie sich wieder sehen würden…

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